Auf Mallorca gehen die Uhren langsamer. Und manchmal scheinen sie ganz und gar stehen geblieben zu sein. Das Museum und Landhaus Els Calderers bei Sant Joan ist so ein Ort, an dem das sehr gut zu spüren ist. Ein verwunschenes Haus, in dem seit mehr als 100 Jahren alles schläft, aber der Zauber der alten Zeit noch zu spüren ist.
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Bis zum Einzug des Tourismus war die Landwirtschaft der Motor Mallorcas. Organisiert wurde die Kultivierung und Bewirtschaftung der reichen Ländereien, hauptsächlich im Inselinneren, aus stattlichen Herrenhäusern heraus – die sogenannten possesións. Els Calderers war ein solches Herrenhaus. Die Anwesen glichen kleinen Dörfern, in denen zahlreiche Menschen in verschiedenen Positionen Arbeit fanden. Vom einfachen Stallknecht bis hin zum Verwalter der Ernten.
Die possesións sollten vor allem autark sein und die kleine Gemeinschaft das gesamte Jahr hindurch verpflegen können. Oft genug gab es genug Überschuss, der dem Anwesen zu Reichtum verhalf. Mit der Ankunft der Touristen auf Mallorca wurden die Herrenhäuser als Arbeitgeber immer unattraktiver. Denn plötzlich gab es anderswo weitaus lukrativerer Arbeitsplätze. Kommt mit auf eine Reise ins Mallorca des 19. Jahrhunderts in ein Haus, das auch Jane Austen nicht besser erfinden hätte können.
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Els Calderers: Das echte Mallorca
Von den zahlreichen ehemaligen Herrenhäusern Mallorcas verfallen heute viele. 2022 beispielsweise wurde das beliebte Freilichtmuseum La Granja verkauft und geschlossen. Ein Los, mit dem sich auch die Familie Sentmenat konfrontiert sah, die als die letzten das Anwesen els Calderers aktiv bewirtschafteten. Bis nach und nach immer weniger Arbeiter aufzutreiben waren und Landwirtschaft kaum noch den Lebensinhalt bestreiten konnte.
Euer Besuch: Tickets für Els Calderers
Doch die Familie wollte den Besitz nicht aufgeben und entschloss sich, die Türen nicht zu schließen, sondern weiter zu öffnen. Für all die, die von außerhalb Mallorca auf die Insel kamen. Um ihnen nicht nur das touristische Mallorca der Küsten und Strände, sondern das authentische Leben im Landesinneren näherzubringen.
Erwähnt wurde das Landgut das erste Mal urkundlich im Jahr 1285 unter dem Namen der damaligen Besitzer els Calderers. Viele Jahre war der Weinanbau das Herzstück des Anwesens, bis die Reblaus diesen zum Erliegen brachte. Das Haupthaus wurde um 1750 errichtet, im 19. Jahrhundert erweitert und Mitte des 20. Jahrhundert renoviert.
Selbst geführter Rundgang durch Els Calderers
Obwohl das Kernstück der Ausstellung das Hauptgebäude umfasst, gibt es weitaus mehr zu entdecken. Besuchern stehen alle Bereiche des ehemaligen Landgutes offen. Dazu gehören auch Ställe und Gehege, in denen nicht wenige Nutztiere entdeckt werden können. Werkstätten wie eine Schmiede mit Originalwerkzeugen, ein Ofen, der zum Brot backen diente und eine Wäscherei könnten besichtigt werden.
Vom Innenhof in den Weinkeller
Obwohl es sehr viele versteckte Winkel und Ecken gibt, ist der Rundgang leicht zu absolvieren. Am Eingang erhaltet ihr einen kleinen Handzettel, auf dem die einzelnen Zimmer, Stätten und Stationen numerisch erklärt sind. Für das Innere des Hauses ist das ein sehr guter Leitfaden.
Im Gegensatz zu anderen Museen, in denen angeblich unverfälscht eine frühere Zeit dargestellt wird, wirkt im Erdgeschoss von Els Calderers alles sehr authentisch. Es macht den Eindruck, als seien die Hausherren nur einmal kurz ausgeritten. Gehstöcke stehen in Zimmerecken, kleine Heizpfannen unter den Tischen im Salon und die Schreibmaschine am offenen Fenster im Arbeitszimmer.
Unzählige Details in Form von alten Büchern, Karten, Kanonenkugeln und Dokumenten, die ohne Anspruch auf logische Anordnung an diversen Stellen im Haus zu finden sind, lassen an keiner Stelle den Eindruck entstehen, hier wirklich durch ein Museum zu laufen. Es ist viel mehr ein riesiger Fundus aus Dingen, die über viele Generationen weiter gegeben wurden.
Der Innenhof, der von fast allen Räumen im Untergeschoss erreichbar ist, bildet das Herzstück des Hauses. Hier plätschert das Wasser im Fischteich, gusseiserne Stühle laden zum Verweilen im Schatten ein, Libellen zischen durch die Luft.
Kurios ist auch der durchaus stimmungsvolle und optisch sehr gelungene Weinkeller und die Küche, in der man sich eigentlich direkt neben die Magd setzen möchte, so echt mutet alles an. Im hinteren Teil und im ersten Stock lässt dieser Zauber etwas nach. Was aber gut auch daran liegen mag, dass es dort durch Schlaf- und Badezimmer geht.
Werkstätten & Selbstversorger
Bevor es ins Freie geht, werden die Besucher noch durch das Lager geführt, in dem viele der damaligen Grundnahrungsmittel und Gerätschaften, die zur Erzeugung selbiger notwendig waren, zu finden sind. Johannisbrot, Mandeln, Getreide, eingelegte Tomaten (neueren Datums) und Feigenmarmelade.
Einer der Hausherren war ein viel gereister Mann, der von vielen seiner Unternehmungen neue Maschinen und Werkzeuge aus dem Ausland mitbrachte und damit die Landwirtschaft der Insel ein wenig revolutionierte. Viele der Apparate sind auf Els Calders immer noch zu finden.
Tiergehege & Außenbereich
Wenn ihr nicht bereits im traumhaften Innenhof des Herrenhauses gerastet habt, solltet ihr das spätestens jetzt im Garten tun. Es gibt viele lauschige Plätze und ebenso viele Sitzmöglichkeiten. Es ist eine gute Idee, ein Picknick einzupacken. Denn wenn eure Kinder nur halb so tierverrückt sind wie meine, werden sie sehr viel Zeit zwischen den Ställen und Gehegen verbringen.
Dabei ist die Auswahl der Tiere erst einmal nichts Besonderes. Eben das, was es damals auch gab: Pferde, Hühner, Schweine, Ziegen und Gänse. Alle recht zutraulich und wohl an Besucher gewöhnt, die sie mit Johannisbrot und Maulbeeren der umstehenden Bäume füttern. Besonders die Gänse werden dabei leicht hysterisch. Noch schöner ist das Ganze im Frühling und Frühsommer, wenn die meisten Arten ihren Nachwuchs pflegen. Besser als jeder Zoo.
Kurz & Knapp
Els Calderers de Sant Joan auf der Karte
Parken: Privatparkplatz direkt auf dem Anwesen, hier
Öffnungszeiten: Montag bis Samstag 10 bis 17 Uhr
Eintritt: ermäßigte Preise und Familientickets könnt ihr hier online reservieren.
Einkehr: Cafeteria mit Shop, Picknickmöglichkeiten im Freien
Kinderwagen: Die Anlage ist nicht barrierefrei. Im Inneren ist es sehr eng und es gibt viele Stufen. Im Freien ist der Untergrund sehr uneben. Die Wege sind alle sehr kurz. Im Zweifel Kinderwagen kurz parken und Kind tragen.
In der Nähe: Glasbläserei Gordiola, Markt in Sineu, Santuari de Sant Salvador bei Felanitx
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