Dieser Beitrag wird eine Liebeserklärung an das mallorquinische Gemeinschaftsgefühl. Ihr kennt sicher das afrikanische Sprichwort: „Um ein Kind aufzuziehen, braucht es ein ganzes Dorf.“ Was soll ich sagen, so ein Dorf hilft auch dabei, eine Jahrgangsstufe auf Klassenfahrt zu schicken. Zumindest hier im ländlichen Mallorca, wo es noch echten Zusammenhalt gibt.
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Es gibt in diesem Beitrag einige Punkte, die du verstehen musst, damit meine Geschichte hier Sinn ergibt. Zum einen ist da die Liebe der Spanier und Mallorquiner zum Glücksspiel. Nicht mit Münzen und Maschinen, sondern bei Lotterien und Tombolas. Ganzjährig wird hier kräftig gezockt. Und besonders zu Weihnachten wachsen die Erwartungen ins Unermessliche. Jeder hofft, bei der spanischen Weihnachtslotterie das große Los zu ziehen.
Gleichzeitig gibt es speziell um Weihnachten zahlreiche Rifas. Das sind Tombolas, bei denen Bars, Sportvereine und Schulen Zettelchen verkaufen, auf denen eine Nummer steht, mit der ein Korb (panera) gewonnen werden kann. In diesem Weihnachtskorb liegen normalerweise Speisen und Getränke, die über die Weihnachtsfeiertage Anwendung finden können. Wein, Wurst und Käse, zum Beispiel. Wirklich jeder Mallorquiner macht bei diesen Rifas mit. Hier erkennt man auch sehr gut die kulturellen Unterschiede, denn die ausländischen Residenten nehmen an diesen Verlosungen nicht so häufig teil.
Die Schulen verkaufen also auch Lose für Weihnachtskörbe. Um ganz korrekt zu sein, organisieren das in der Regel die Eltern der Abschlussklassen. Normalerweise legt man Geld zusammen, stellt einen Korb zusammen, macht Lose und die Kinder verkaufen diese. Mit dem Ziel, dass ein Teil der Kosten zur Abschlussfahrt gedeckt sind.
Und hier fängt nun die Geschichte an. Die Klasse meines Sohnes ist sehr bunt und besteht aus so ziemlich allen sozialen Schichten. Bei bisherigen Schulfahrten auf der Insel war es nicht selten so, dass bestimmte Kinder nicht teilnehmen konnten. Die Gründe seien dahingestellt.
Jetzt ist die Fahrt im nächsten Jahr aber besonders. Zum einen schließen die Schüler eine wichtige Etappe ihrer Schulbildung ab und wechseln zum neuen Schuljahr auf eine andere Schule, an der sie eventuell nicht mehr in der gleichen Klasse sind. Zum anderen geht es weiter weg, mit dem Flugzeug mehrere Tage aufs spanische Festland. Und das kostet wesentlich mehr, 400 Euro pro Kind, 10.000 Euro insgesamt.
Egal ob für die gesamte Klasse, oder jeden Schüler individuell: eine Menge Geld, die in vielen Familien nicht einfach mal so da ist. Weshalb überall auf der Insel bereits seit Start des neuen Schuljahres im September Kinder zu sehen sind, die auf Märkten Kuchen und andere Dinge verkaufen, um einen Teil der Kosten damit abzudecken. Alle Kosten deckt man damit aber in der Regel nicht.
Nun sind die Eltern in der diesjährigen Jahrgangsstufe sehr engagiert. Jedenfalls hat sich das Projekt Weihnachtskorb etwas verselbständigt. Weil nicht alle Eltern Geld zu einem Korb beisteuern können, wurde entschieden „einige“ Unternehmen und Geschäfte im Ort um Spenden zu bitten in Form von Gutscheinen oder auch kleinen Produkten. Mit der Absicht, einen Weihnachtskorb im Wert von circa 100 bis 200 Euro zu füllen.
Die Akquisition lief sehr gut an. Innerhalb kurzer Zeit hatten wir bereits genügend Sachen zusammen. Nur hörte es dann nicht mehr auf. Im Gegenteil, es schien fast so, als ob sich alle (Eltern und Unternehmer) überbieten wollten. Gab es am Anfang nur kleine Präsente und Gutscheine mit überschaubaren Beträgen, kamen plötzlich immer tollere und teurere Sachen hinzu. Mehr als 85 Unternehmen haben sich beteiligt.
Am Ende hatten wir so viel, dass wir mehrere Körbe füllen konnten. Insgesamt wurden es aber nur zwei, weil die Lose bereits gedruckt waren. Was bedeutete, dass die zwei glücklichen Gewinner sich einmal durch die komplette Gastronomie des Ortes essen, sich mit 19 Flaschen Alkohol vergnügen und ihr Haus neu dekorieren konnten.
Jetzt sagst du sicher: Ist ja schön und gut, dass so viel gespendet wurde. Aber die Lose müssen ja auch verkauft werden. Genauso ist es. 2500 Lose gab es insgesamt, die unsere Kinder unter die Leute bringen müssen. Und sagen wir mal so: nur die wenigsten sind geborene Verkaufstalente.
Aber, da die Leute ja generell Lose mögen, es bald Weihnachten und der Gewinn ein unerwarteter Hammer ist, verkaufen sich die Papierchen wie warmes Brot. Mein introvertiertes Kind hat an einem Abend auf einem Dorffest fast die Hälfte seines Blockes verkauft und damit einfach mal so, dank des Zusammenspiels einer Dorfgemeinschaft, die Hälfte seiner Abschlussfahrt bezahlt. Und dabei noch Marketing, sozialen Umgang und verkaufen gelernt. Und auch, dass es nichts umsonst gibt.
Ich als deutsche Mutter habe das alles mit sehr viel Spannung verfolgt. Ganz ehrlich: Im Vorfeld gab es Diskussionen mit meinem Mann, der mit dieser Art des Crowdfunding ja schon vertraut war. Meine Argumente:
- da spendet eh keiner (Preise für den Korb)
- da kauft eh keiner (Lose)
- am Ende haben wir alle Lose
- und bezahlen die Reise eh komplett selber
- hatten aber noch zusätzliche Arbeit damit
Ich habe meinen Teil gelernt an dieser Stelle. Als erstes wohl, die Power einer Gemeinschaft nicht zu unterschätzen. Und auch, dass dieses ganze Weihnachtslotteriegedöns eventuell doch nicht so ganz unnötig und rausgeworfenes Geld ist. Wenn ich ganz ehrlich bin, finde ich es jetzt fast ein wenig schade, dass für uns keine Lose übrigblieben. Denn die Gewinne waren echt nicht schlecht.
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