Orangen aus Mallorca sind eine Marke. Das Mekka des Orangenanbaus findet ihr im Tal von Sóller, wo ein optimales Mikroklima die Mallorca Orangen optimal reifen lässt. In den letzten Jahren haben die Orangenplantagen auf Mallorca aber immer mehr zu kämpfen. Und dabei eine neue Aktivität erschaffen, indem sie Besuchern ihre Gärten öffnen und sie nicht nur die saftigen Orangen kosten lassen, sondern zum Teil auch zur Orangenernte auf Mallorca einladen.
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Tal des Goldes nannten die Araber das Tal um Sóller. Und auch wenn es nahe liegt, die Namensgebung bezog sich damals nicht auf die orangefarbenen Zitrusfrüchte, sondern auf das flüssige Gold aus den Olivenhainen. Die Mauren brachten die Orangenbäume jedoch mit auf die Insel und errichteten die ersten Orangenplantagen auf Mallorca. Über die Jahre etablierte sich das Gebiet um Sóller als Orangenanbaugebiet. Vor allem, nachdem Schädlinge den Olivenanbau zum Erliegen gebracht hatten. Obwohl sie schon lange ein Touristenhighlight sind, steht es auch um die Orangen aus Mallorca heute eher schlecht. Wir haben eine alte Orangenplantage besucht, zwölf Kilo Orangen geerntet und dabei einige interessante Dinge gelernt.
Ohne Umwege: Reservierung für die Orangenernte
Das Landgut Ca’s Sant: Eine Orangenplantage auf Mallorca
Wir besuchen Jaime, der mit seiner Frau auf dem alten Landgut seiner Familie ein kleines Hotel betreibt, inmitten von hundertjährigen Bäumen und über 700 Orangen- und Zitronengewächsen. Seit über 750 Jahren befindet sich das Anwesen in Familienbesitz. Ebenso lange widmet sich die Familie der Kultivierung der Zitrusfrüchte. Das Wissen rund um den Anbau der Orangen wurde von Generation zu Generation weitergegeben.
Seit einigen Jahren teilt der Hausherr dieses Wissen auch Familienextern. Über AirBnb bietet er in der Rubrik „Entdeckungen“ an, seine Orangenplantage zu besuchen, selbst Orangen zu ernten und dabei einiges aus seinem Wissensschatz zu hören. Die beste Erntezeit ist der Februar auf Mallorca.
Orangen aus Mallorca: Warum sie in Sóller gut wachsen
„Wachsen bei euch in Santanyí auch Orangen?“, fragt uns Jaime gleich zu Beginn. Seit Jahren versuchen wir einen kleinen Zitronenbaum mit Mühe und Not am Leben zu halten. Früchte trägt er allerdings nie. An Orangen haben wir uns bisher nicht gewagt. Und einen Orangengarten wie den seinen werden wir im Leben nicht hinbekommen, wie wir jetzt wissen. Denn es fehlt uns an ziemlich allem.
Mikroklima: Warm und sonnig
Das Tal von Sóller ist umgeben von den hohen Bergen des Tramuntana Gebirges. Wie in einem Kessel liegt das Land abgeschirmt von Stürmen und ohne große Wettereinbrüche. Denn – und das wisst auch ihr in Deutschland – Orangen vertragen keine Kälte. Kalt ist es wo wir wohnen zwar auch nicht. Aber stürmisch. Und die Zitrusbäume nehmen es sehr übel, wenn sie im Zug stehen.
Für den Anbau von Orangen ist ein mediterranes Klima, das warm und trocken ist, am besten geeignet. Idealerweise sollte ein Gebiet über eine jährliche Durchschnittstemperatur von 18 bis 25 Grad Celsius verfügen. Eine hohe Luftfeuchtigkeit ist ebenfalls sehr wichtig, da sie den Ertrag der Orangenbäume erhöht. Der ideale Niederschlag liegt zwischen 400 und 600 Millimetern pro Jahr.
Wasser: Sauberes Wasser aus den Bergen
In den Bergen regnet es mehr als bei uns im Süden. Die Wasserqualität ist in der Stadt Sóller um ein Vielfaches besser als bei uns. Dank der Araber gibt es in der gesamten Region ein ausgeklügeltes Wasserleitsystem, dass das Wasser aus dem Gebirge zu den huertos, den Orangengärten geleitet.
Ein Wasserverteiler, der sequier, öffnet und schließt jeden Tag die Zuläufe des Kanalsystems und teilt damit jedem Landgut die entsprechende Wassermenge zu. Entweder läuft das Wasser dann direkt durch die Gräben um die Bäume oder wird in einer Zisterne zwischengespeichert.
Orangen benötigen ca. 200 bis 250 Millimeter Regenwasser pro Monat, um gesund zu wachsen. Zusätzlich zum Regenwasser benötigen Orangenbäume weitere Wasserquellen, um einen optimalen Ertrag zu erzielen.
Schädlinge: Bekämpfen und arrangieren
Obwohl er kein Bio-Zertifikat hat („Zu viel Bürokratie!“), verzichtet Jaime auf Pestizide. Die Fruchtfliegen bekämpft er wie seine Vorfahren mit einer runden Flasche, in die die Pheromone weiblicher Fliegen gefüllt werden. „Wir Männer sind halt sehr einfach gestrickt. Wir denken, da ist eine Frau und fliegen rein.“ Durch den engen Hals finden die Fliegen dann nicht mehr heraus.
Die roten Ameisen toleriert er, obwohl sie in der Landwirtschaft so etwas wie der Endgegner sind. Jedoch, so meint der Orangenbauer, würden Chemikalien nur dazu führen, das Resistenzen gebildet werden, die irgendwann gar nicht mehr zu besiegen seien. Stattdessen hat er in seinem Orangengarten eine Dusche gebaut, über die die Bäume von oben befeuchtet werden. Damit seien die Ameisen zwar nicht bekämpft, aber sie richteten weniger Schaden an.
Orangen aus Mallorca: Billig Importe
Und dann kommt er zu der Kehrseite. Obwohl Orangen aus Mallorca ein Qualitätsmerkmal sei, wird in den Supermärkten auf der Insel hauptsächlich Importware aus Afrika verkauft. Ein Leid, das er mit allen Bauern der EU teilt. Steuern, Regulierungen, Auflagen – alles schön und gut. Aber er muss ja auch von etwas leben und mit den Preisen aus Übersee kann keiner auf Mallorca mithalten. Während die chemisch behandelten Früchte aus Afrika kiloweise über die Theken gehen, verfaulten in Sóller 2019 tonnenweise Orangen, weil die Ernte sich für viele Bauern nicht mehr rentierte.
„Orangen aus Mallorca haben keine Zukunft“, resigniert der Mann, dessen Familie seit fast 8 Jahrhunderten nichts anderes macht und der in der Stadt wohnt, die vom Image des Orangentals lebt. Eine Zwickmühle.
Unser Gastgeber lässt sich jedoch keine fremden Orangen in den Weg legen. Er hat das Landgut zu einem äußerst Instagram-fähigen Boutiquehotel umdekoriert. Und die Orangenzucht hält er unter anderem damit am Leben, indem er Menschen in seine Gärten einlädt und dabei als Botschafter der Zitrusfrüchte agiert. Um aufzuklären und zu sensibilisieren. Und auch, weil es ihm einfach Spaß macht, über seine Orangenplantage auf Mallorca zu reden.
Zur Orangenernte nach Mallorca
Während Jaime über die verschiedenen Sorten, die Veredelungen (man kann an einem Baum Zitronen und Orangen haben!) und Bewässerung spricht, führt er uns an den verschiedenen Bäumen vorbei und lässt uns probieren. Später wird er uns fragen, welche Sorte uns am besten geschmeckt hat. Und die dürfen wir dann ernten und mit nach Hause nehmen.
Ist die Aktivität für Kinder geeignet? Auf jeden Fall. Es gibt allerdings einige Dinge, die ihr bedenken solltet. Zum einen ist das, dass Jaime nur Spanisch oder Englisch spricht. Das ist etwas schade, denn seine Erklärungen sind durchaus auch für Kinder interessant. Zum anderen ist die Finca zwar weitläufig, aber kein Abenteuerspielplatz, auf dem sich die Kinder austoben oder wie wild Orangen durch die Gegen werfen können. Das letztere hat sich der Hausherr aber eventuell selbst zuzuschreiben, da er es unseren Jungs ausdrücklich angeboten hat.
Interessiert? Falls ihr auch die leckeren Orangen aus Mallorca ernten wollt, schaut auf der Finca Ca’s Sant vorbei. Hier könnt ihr euch anmelden.
Und wenn ihr schon mal vor Ort seid, habt ihr ja vielleicht auch Lust auf eine Schnitzeljagd durch Sóller?
Noch ein paar historische Fakten
Die Orangen und Zitrusfrüchte, die heute auf Mallorca angebaut werden, stammen ursprünglich aus dem Mittelmeerraum. Der Anbau der Früchte begann, als die Araber auf die Insel kamen und sie mit Orangenbäumen bepflanzten. Im Laufe der Jahrhunderte wurden die Orangen auf Mallorca immer beliebter, und heute sind sie ein wichtiger Bestandteil der mallorquinischen Landwirtschaft.
Die Araber, die sich als erste im Tal niederließen, erkannten das Potenzial der Region als Anbaugebiet und legten ein gut durchdachtes Wasserleitsystem an. Die Technik war so gut, dass das gleiche System heute noch genutzt wird. Das Regenwasser aus den Bergen wird zu Zisternen und den Gärten geleitet. Auch der Anbau der Zitrusfrüchte geht auf die Araber zurück.
Nach der Rückeroberung Mallorcas im 13. Jahrhundert durch die christlichen Könige wurden die Araber vertrieben und das Land neu aufgeteilt. Viele Menschen siedelten aus den katalanisch sprechenden Teilen Spaniens über und besiedelten die fruchtbare Ebene neu. In Sóller widmeten sich viele von ihnen erst dem Olivenanbau. Der Aphorismus „Tal des Goldes“ bezieht sich auf das flüssige Gold in Form von Olivenöl. Erst später wurde der Fokus mehr und mehr auf Zitrusfrüchte gelegt.
Durch den Verkauf von Zitrusfrüchten und Olivenöl gelangte Sóller zu Reichtum. Hauptabnehmer war Frankreich. Die Beziehungen zu den Franzosen waren so gut, dass nach der Französischen Revolution viele Franzosen nach Sóller umsiedelten. Seinen Reichtum hatte die Stadt dem Export von Orangen zu verdanken. Im Jahr 1865 vernichtete eine Seuche jedoch fast alle Orangen- und Zitronenbäume im Tal von Sóller. Die wirtschaftliche Grundlage vieler Landwirte war damit dahin. Die einzige Möglichkeit ihre Existenz zu sichern bestand darin, nach Frankreich oder Südafrika aus-zuwandern. Anfang des 20. Jahrhunderts erholte sich das Geschäft mit den Zitrusfrüchten und die Auswanderer kehrten mit viel Geld in ihre Heimat zurück. Sie bauten sich herrschaftliche Häuser, die an den französischen Jugendstil und Kolonialvillen in Kuba und Südamerika angelehnt waren.
Sóller liegt inmitten der Sierra de Tramuntana in einem vor Wetterkapriolen geschützten Tal. Die einzige Öffnung des Tales ist das Meer, welches bis in das letzte Jahrhundert hinein für viele Invasoren die einzige Möglichkeit war, in die Stadt zu gelangen. Vom Rest der Insel war Sóller größtenteils abgeschnitten, da der Weg über das Bergmassiv gefährlich, lang und schwer war.
Um Sóller etwas näher an Palma zu bringen, finanzierten die sowohl ehrgeizigen als auch wohlhabenden Einwohner der Stadt den Bau der Eisenbahnlinie des Ferrocarril Sóller. Die erste und einzige elektrisch betriebene Bahn Mallorcas wurde auch Express de las Naranjas genannt, Orangenexpress. Denn das Hauptanliegen war es ja, die im Sóller-Tal in Hülle und Fülle wachsenden Zitrusfrüchte schneller in die Hauptstadt zu transportieren. Am 16. April 1912 wurde der Orangenexpress eingeweiht, zwei Jahre später folgte die Straßenbahnlinie zum Hafen. Damit ist die Bahngesellschaft in Sóller die älteste private Eisenbahngesellschaft Europas.
Video
Kurzinfo
Zeitraum: 1. Februar – 3. Mai täglich mit Reservierung.
Uhrzeit: 12 – 13 Uhr
Preis: € 20 / Person (Preise für Kinder / Familien auf Nachfrage)
Gruppengröße: Maximal 10 Personen.
Inklusive: 3 Kilo Orangen / Person. Getränke. Erntezubehör.
Reservierungen über AirBnB: hier klicken
In der Nähe: Piratenweg Camí de sa Figuera. Naturkundemuseum und Botanischer Garten Sóller.
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