Romeo und Julia. Auf Mallorquinisch

Shakespeares Romeo und Julia ist ein Klassiker. Es gibt in allen Regionen der Welt Varianten dieser Liebesgeschichte. Und auch in der mallorquinischen Folklore fehlt die tragische Liebe zwischen zwei jungen Menschen, die aufgrund familiärer Umstände nicht zusammen sein können, natürlich nicht.

Romeo und Julia auf Mallorca

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Eine etwas ähnliche Legende habe ich bereits auf diesen Seiten bereits einmal erzählt. Diese hier ist jedoch etwas anders. Zum einen ist ein großer Teil davon historisch belegt. Zum anderen sind die Hauptdarsteller alles andere als tugendhaft. Und wahrscheinlich wüsste man auch nicht allzu viel über diese Liebesgeschichte, wenn es jedes Jahr im September nicht ein Fest in Palma geben würde, dass daran erinnert. Mehr dazu weiter unten.

Gruseltour durch Palma: Diese Legende ist Teil unserer Sightseeing-Tour Palma bei Nacht.

Historischer Hintergrund

Im 17. Jahrhundert fanden auf Mallorca erbitterte Adelskämpfe statt, die zum Teil sehr blutig wurden. Unter anderem, weil sich die hohen Herren mit gewöhnlichen Banditen zusammen schlossen. Während die Banditen in der ersten Hälfte des Jahrhunderts nur in den Bergregionen der Insel herumtrieben, mischten sie sich danach unter die Bevölkerung. Sie breiteten sich auf der ganzen Insel aus und bekamen oftmals Schutz von adligen Familien. Denn diese brauchten sie als blutige Handlanger, um an Konkurrenten Rache zu üben.

Die Feinde

Zu dieser Zeit dominierten zwei Adelsfamilien das Geschehen in Palma, das damals durch den Fluss Riera in einen oberen Stadtteil, die Vila d’amunt, und einen unteren, Vila d’Avall, geteilt wurde. Oben hatte die Familie Anglada ihren Familiensitz, den man auf Mallorquin auch “Can” nennt. Die Familie Rossinyol hatte den “Can D’Avall“, also unterhalb des Flusses.

Oberstadt und Unterstadt in Palma de Mallorca

Canamunt und Canavall konnten sich nicht ausstehen. Ihre Fehde geht bis zu den Anfängen der Eroberung Mallorcas zurück. Beide Familien waren reich, angesehen. Und wollten das Sagen über die Stadt Palma haben. Der eigentliche Konflikt wurde jedoch durch ein Ereignis ausgelöst, dass erst im 17. Jahrhundert passierte.

Das Liebespaar

Ihr könnte es euch sicher schon denken: Nicolau Rossinyol, der Sohn aus Canavall, verliebte sich in Isabel Anglada, die Tochter aus Canamunt. In anderen Quellen wird sie auch Elionor Desmur genannt. Der Clan der Angladas stellte sich jedoch dagegen. Die Ehre eines Mädchens war damals deren wichtigstes Gut und stand in direkter Verbindung zur Ehre der gesamten Familie. Die Abfuhr verletzte allerdings auch die Ehre der Rossinyols.

Statt das ganze edel und sanftmütig zu ertragen – deswegen nennt man sie doch Edelleute, oder nicht? – begann die Familie von unterhalb der Riera die Ehre des Mädchens Isabel zu beschmutzten. Allen voran der angeblich unsterblich verliebte Nicolau, der wo er nur konnte Unwahrheiten über seine Flamme verbreitete und deren Ehre unwiderruflich beschmutzte.

Auge um Auge

Was als Liebesgeschichte anfing, gipfelte in einer blutigen Auseinandersetzung zwischen den beiden Familien. Ein Dutzend bewaffneter Anhänger der Angladas griff eine Gruppe von acht Rossinyols an. Der Kampf begann auf dem Passeig del Born und ging über den Hang der Kathedrale von Palma (Costa de la Seu) bis zum Plaza de la Almoina. Sechs, der acht, konnten sich in der Kathedrale in Sicherheit bringen. Der Onkel von Nicolau und ein Freund der Familie wurden umgebracht.

Die Angreifer entzogen sich dem Arm der Justiz, indem sie im Dominikanerkloster Kirchenasyl bekamen. In einem langen Gerichtsverfahren kamen die meisten Angreifer frei und ein Richter, der die Mörder zur Rechenschaft ziehen wollte, ums Leben.

Reue

Hatten die meisten Adligen nicht! Außer Nicolau vielleicht. Er verließ die Insel nach dem blutigen Angriff fluchtartig. Wahrscheinlich auch aus Angst um Leib und Leben. Er hatte das ganze ja ins Rollen gebracht, mit der Verleumdung seiner Geliebte. Er diente sich dem Militär an und kam dort zu großen Ehren.

Anders als Isabel. Diese saß zu Hause fest. In Anbetracht ihrer beschmutzten Ehre hielt sie die Familie abgeschirmt von der Außenwelt. Keiner interessierte sich für sie. Sie lebte in, auch selbstauferlegter, Einsamkeit und starb wenige Jahre später an ihrem Schmach. Genau an dem Tag, an dem Nicolau auf die Insel zurückkehrte.

Vom Hafen ging er zu seinem Elternhaus, während in der Kirche in der Nähe die Totenglocken läuteten. Zu Hause erfuhr er dann auch sofort, um wen es sich handelte. Er hängte sich einen Mantel um, um sein Gesicht zu verdecken und schlich dem Trauerzug hinterher, um Isabel ein letztes Mal zu sehen. Dazu versteckte er sich in der Kapelle, in der ihr Körper aufgebahrt wurde, und blieb bis keiner mehr da war. Da ging er zu ihr und schaute sie lange an. Sie war so schön wie immer.

Totenwache

Nicht lange und er merkte eine Hand auf seiner Schulter. Sie gehörte einem Mönch, den er kannte und der ihm die Beichte abnahm. Nicolau bat um Vergebung seiner bösen Worte, die Isabel in den Tod geführt hatten. Zur Buße sollte Nicolau über Nacht am Sarg der Toten wachen, bis der Mönch am Morgen wiederkäme, um aufzuschließen.

Nicolau wachte viele Stunden über dem leblosen Körper. Aber schließlich übermannte ihn der Schlaf. Allerdings nicht lange. Denn er spürte plötzlich einen eisigen Luftzug. Und als er die Augen öffnete, stand vor ihm Isabel, mit ausgestreckten Armen und einer furchtbaren Grimasse auf dem Gesicht. Voller Entsetzten rannte er zur Tür, die jedoch fest verschlossen war. Da Isabel ihn verfolgte, rannte er zurück zum Sarg und fiel dort auf die Knie.

Am nächsten Morgen fand der Mönch, der die Türe aufschloss, beide. Nicolau in einer Blutlache am Boden, mit abgeschnittener Zunge. Mittelalterliche Strafe für alle jene, die lügen und schwätzen. Im Sarg lag Isabel. Ihr Gesicht war ganz entspannt und sie hatte ein leichtes Lächeln auf den Lippen. Und auf dem Leichentuch waren Blutspritzer zu erkennen.

Die Fehde geht weiter

Statt Fehde gibt es heutzutage eine Fete. Eine Gruppe von Palmesaner, also Leuten, die in Palma leben, haben sich vor einigen Jahren gedacht, dass man dieses historische Ereignis doch als Anlass zum Feiern nehmen könnte. Und deswegen wird nun immer Anfang September die Auseinandersetzung zwischen Canamunt und Canavall nachgestellt. Mit Wasserpistolen und Verkleidungen.

Hier lest ihr mehr dazu.

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Ich bin Damaris

Mein Name ist Damaris, zweifache Mutter und lebe seit 2005 auf Mallorca. Ursprünglich wollte ich nie auf die Insel. Mehr lesen

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